Viel Wissenschaft & ein wenig Zauberpoesie

Autor: monika

Das Versprechen

Rita Röthlins neuer Heilpflanzenkalender ist ein Versprechen – ein Versprechen, dass es bald wieder Frühling wird. Er weckt Erinnerung an duftende Kräutergärten, und unwillkürlich werden sich die Leser Listen machen, was sie im nächsten Jahr alles anpflanzen wollen.

Auf 52 Seiten stellt die Schweizerin, Absolventin der Freiburger Heilpflanzenschule, zwölf wichtige Heilkräuter vor, von der Brennnessel bis zur Zaubernuss. Makroaufnahmen der Blüten lassen die scheinbar bekannten Pflanzen plötzlich in einem ganz neuen Licht erscheinen. Die gelernte Gärtnerin bietet botanisches Wissen, gibt Pflegehinweise, informiert über Erntezeiten. Die Phytopraktikerin kennt die Inhaltsstoffe, weiß, gegen welches Zipperlein die Kräutlein helfen, gibt aber auch Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen und Gegenanzeigen.

Rita Röthlin

Besonders schön: Die zahlreichen Rezepte nicht nur für Tees und Tinkturen, sondern auch für Wellness- und Schönheitsprodukte – von Rita Röthlin, die selbst Entspannungsmassagen anbietet, zum Teil selbst komponiert.  Außerdem gibt die Autorin für jeden Monat Erntehinweise auch für Pflanzen, die sie in ihrem Kalender nicht näher vorstellt. Doch wer weiß: 2021 kommt gewiss – und damit vielleicht ein weiterer Kalender mit noch mehr Heilpflanzenwissen von Rita Röthlin.

>Der Kalender „Mit Heilpflanzen durchs Jahr“ von Rita Röthlin kann unter www.kräuter-wunder.ch für 39 Franken (etwa 35,50 Euro) zuzüglich Versandkosten bestellt werden.

Abenteuer Ranch

Es hätte nicht besser passen können: Drei Monate, bevor ich in Altersteilzeit ging, wurde Freunden von uns ein Grundstück mit 1,3 Hektar zur Pacht angeboten – am Ortsrand gelegen, mit Wald, Wiese, großem Teich, einer großen Hütte und einer Scheune mit Hühnerstall. Die beiden, begeistert von Projekt, suchten Mitstreiter, und mein Mann und ich waren, ebenso begeistert, mit Feuer und Flamme dabei.

Der Kräutergarten auf der Ranch – man beachte den Hexenbesen!

Mittlerweile betreiben wir  unsere „Ranch“ seit zwei Jahren. Wir halten Hühner und Gänse, pflegen den vorhandenen Garten. Neue Hochbeete, ein großes Spargelbeet und ein Erdbeerbeet wurden angelegt, außerdem ein Acker für Kartoffeln und Kraut gepflügt. Und mein Herzenswunsch, einen großen Kräutergarten zu haben, ist fast erfüllt. Der Heilpflanzengarten steht, im nächsten Frühjahr soll ein weiterer „Gartenraum“ mit Zauber-, Gift- und Liebespflanzen dazukommen.

Dabei war die Anlage sehr viel schwieriger als gedacht. Denn die ehemalige Wiese bestand fast nur aus Quecken, die natürlich auch nicht verschwanden, als wir das Grundstück pflügen ließen. Quadratmeter für Quadratmeter habe ich mich deshalb durch den Lehm-Sand-Boden gewühlt, akribisch jede Wurzel heraus gezogen – mit Erfolg. Die acht Kräuterbeete sind queckenfrei, der Zaubergarten auch schon zur Hälfte. Der Rest muss im Frühjahr geschafft werden – ein prima Fitnesstraining.

 

Zaubern mit Diptam

Diptam: Eine Tinktur daraus hat Hermine Granger immer in der Handtasche. Als sie und ihre Freunde Harry Potter und Ron Weasley nach ihrem Ritt auf dem blinden Drachen nach dem Einbruch in die Gringottsbank ziemlich lädiert sind, betupft sie damit die Wunden, es raucht ein bisschen – und schon sind die Narben weggezaubert. In der rationalen Phytotherapie gilt der Diptam heute nicht mehr als Heilmittel. Schließlich kann er wegen seines hohen Alkaloidgehalts auch giftige Wirkungen entfalten. Im Mittelalter dagegen wurde Diptamwurzel gerne gegen allerhand Gebresten genutzt – unter anderem gegen Menstruationsbeschwerden und zur Verhütung.

Auch heute noch werden auf dem Markt, vor allem von Händlern, die auf Hildegardprodukte spezialisiert sind, Mischungen angeboten, in denen Diptam enthalten ist. Der Pflanze werden schleimlösende, krampflösende, antibakterielle und harntreibende Wirkungen zugeschrieben. In der Homöopathie wird Diptam eingesetzt in Präparaten gegen unregelmäßige Periode, Magen-Darm-Beschwerden und stinkenden Stuhl.

Diptam im Kräutergarten Gengenbach

Ein anderer Name für den Diptam ist übrigens „brennender Busch“. Bei entsprechendem Wetter sondert die bis zu einem Meter hohe Pflanze so viele ätherischen Öle ab, dass sie entzündet werden können. Diptam kommt in Europa nur noch sehr selten vor und ist streng geschützt.

Der intensiv duftende Kaltkeimer kann jedoch recht gut kultiviert werden. Er braucht einen sonnigen, trockenen Standort und verträgt keine Staunässe. Die Pflanze enthält Furanocumarine und kann an sonnigen Tagen bei empfindlichen Personen Verbrennungen auf der Haut hervorrufen. Und er verlangt Geduld: Nach der Aussaat kann es Jahre dauern, bis die Pflanzen blühen. Aber wer weiß: Vielleicht geht es ein wenig schneller, wenn man bei der Aussaat zaubert?

Weblinks:

https://medlexi.de/Diptam#

https://www.hauenstein-rafz.ch/de/pflanzenwelt/pflanzenportrait/stauden/Diptam-Dictamnus-albus.php

 

 

Kaltkeimer im Warmen aussäen

Kaltkeimer im Warmen aussäen

Viele Heilpflanzen sind sogenannte Kaltkeimer – sie brauchen niedrige Temperaturen, damit Hemmstoffe, die ein Keimen vor dem Winter verhindern, abgebaut werden. Unter anderem gehören Eibisch und Frauenmantel, , Schlüsselblume und Adonisröschen, Herbstzeitlose und Sonnenhut, Arnika und Bärlauch und Engelwurz dazu.

Man kann Kaltkeimer im Frühherbst direkt an Ort und Stelle aussäen. Aber auch im Dezember, ja sogar im Januar ist eine Aussaat in Keimkisten noch möglich. Wichtig dabei: Bei einer so späten Aussaat brauchen die Kaltkeimersamen  zunächst drei bis vier Wochen bei Zimmertemperatur in -oder, bei Lichtkeimern, auf –  feuchter Erde. Anschließend wandern die Saatkisten in den Garten oder das kalte Gewächshaus und bleiben dort, bis die Samen im Frühjahr  keimen.

Ideal ist es, wenn die Kaltkeimer eine längere Zeit Temperaturen zwischen plus vier und minus vier Grad ausgesetzt sind. Extrem niedrige Temperaturen sind dagegen kontraproduktiv. Darum sollte man sie besser nicht, wie manchmal empfohlen, in die Gefriertruhe packen. Normale  winterliche Außentemperaturen genügen. Sind die Kistchen im Freien, braucht man sich zunächst nicht weiter um sie zu kümmern.

Arnika im Kräutergarten auf der Ranch

Im Frühjahr allerdings, wenn die Pflänzchen keimen, müssen sie schön feucht gehalten, später pikiert und schließlich an Ort und Stelle ausgepflanzt werden. Wichtig: Kaltkeimer lieben es auch im Frühjahr eher frisch: Optimale Keimtemperaturen sind bei etwa zehn Grad Celsius.

Die Praxis-Bibel

Niemand, der sich auch nur oberflächlich mit Kräutern befasst, kommt an ihr vorbei: Ursel Bühring, Krankenschwester und Heilpraktikerin, hat vor vielen Jahren die Freiburger Heilpflanzenschule, die erste ihrer Art, gegründet und bis 2013 geleitet. Sie hat eine ganze Reihe von Büchern zum Thema Kräuter geschrieben. Ihr wohl wichtigstes: „Praxis-Lehrbuch Heilpflanzenkunde“, ein 800-Seiten-Wälzer (Haug-Verlag, 4. Auflage 2014).

Das Buch ist keine leichte Kost. In mehreren Kapiteln geht es um die Wirkstoffe der Heilpflanzen, und dabei steigt Bühring tief in Biochemie und Pharmazie ein. Ihre Kapitel zu den verschiedenen Krankheitsbildern bieten eine fundierte Übersicht, bei welchen Beschwerden welche Kräuter sinnvoll eingesetzt werden können. Ein wenig verwirrend ist der Umstand, dass wichtige Heilpflanzen, die bei verschiedenen Krankheiten eine Rolle spielen, in Kurzportraits mehrfach, aber unter jeweils anderen Aspekten vorgestellt werden. Das erfordert mühsame Arbeit mit dem Register und viel Blättern im Buch, zeigt andererseits aber die Komplexität der Pflanzenheilkunde und verhindert von vornherein den Versuch, Pflanzen nach dem Schema „hilft gegen Bauchschmerzen“ vorschnell und oberflächlich in Schubladen zu stecken. Für Neulinge in der Kräuterkunde besonders interessant sind die Kapitel, in der praktische Anwendungen beschrieben werden – von Rezepten für Tees bis hin zum Umgang mit Heublumensäckchen. Unterm Strich: Ein Buch, das Kräuter-Interessierte durch das ganze Leben begleiten kann, das allerdings nicht die Auseinandersetzung mit der aktuellsten Forschung ersetzt. Die knapp 80 Euro, die es kostet, sind aber auf jeden Fall sehr gut angelegt.

Gengenbacher Klostergarten

Eine riesige Passionsblume am Klettergerüst, übermannshohes Mönchskraut, und Rosen, Rosen, Rosen: Der Gengenbacher Klostergarten, im Kinzigtal im Schwarzwald gelegen, ist besonders zwischen Juni und September eine Augen-, Ohren- und Nasenweide. Bekannte und eher seltene Heilkräuter, fast 140 Arten, gedeihen hier. Beetumrandungen aus niedrigen Eibenhecken bringen Ordnung in die überbordende Fülle. Lauschige Sitzplätze laden zum Verweilen ein. Pfarrer Udo Hildenbrand hatte die Idee, der Freundeskreis Kräutergarten Gengenbach setzt sie um. Die großartige Kulisse des ehemaligen Benediktinerklosters, das um 730 entstanden ist, erinnert daran, dass Mönche und Nonnen im Mittelalter die Geheimnisse der Heilpflanzen studierten und sie in ihren Apothekergärten züchteten. Das Kloster ist seit Napoleons Zeiten säkularisiert. Aber die Heilpflanzen sind geblieben.

Adresse:
Gengenbacher Klostergarten
Benedikt-von-Nursia-Straße
77723 Gengenbach
Führungen können unter Tel. 07803-2274 vereinbart werden

 

Impressionen aus Gengenbach:

Brennnesseln: Raue Schale, heilsamer Kern

Brennnesseln wachsen überall, und das ist auch gut so. Denn das Kraut, das beim Pflücken unangenehm brennt, ist ein Allheilmittel für allerlei große und kleine Gebresten. Sogar gegen „der frawen ihr blödigkeit“ (Schüchternheit) empfiehlt sie der alte Kräuterheilkundige Leonhart Fuchs in der frühen Neuzeit.

Der Brennnessel  schreibt man heutzutage nicht mehr ganz so viele Zauber-Eigenschaften zu. Aber bei Beschwerden der ableitenden Harnwege und der Prostata, bei Nierengrieß, bei Arthritis und Arthrose und bei spröder Haut gelten die große und die kleine Brennnessel, die ähnlich wirken, den Wissenschaftlern auch heute noch als probates Heilmittel. Dabei ist die Brennnessel fast ohne Nebenwirkungen. Nur Menschen mit eingeschränkter Herz- oder Nierenfunktion sollten sie meiden.

Am bekanntesten ist die Wirksamkeit der Brennesselkrauts als Aquaretikum – also als wassertreibendes Mittel – bei Harnwegsinfekten und Reizblase, die auf den Flavonoiden in den Blättern und auf dem hohen Mineralgehalt der Pflanze beruht. Vor allem der Kalium- und Kalziumgehalt und der Gehalt an Kieselsäure ist hoch und sorgt dafür, dass die Harnwege gut durchgespült und damit krankmachende Keime ausgeschwemmt werden. Daneben wirken Flavonoide – vor allem Quercetin- und Kämpferolabkömmlinge – antientzündlich.  Die Tagesdosis bei Harnwegsbeschwerden beträgt acht bis zwölf Gramm Droge als Tee. Oder man nimmt dreimal täglich einen Esslöffel Frischpfanzenpresssaft. Auch Fertigarzneimittel stehen zur Verfügung. Und natürlich lassen sich aus der Brennnessel, eventuell in Kombination mit anderen Blasenpflanzen, sehr gute Tinkturen herstellen. Wichtig: Zusätzlich zum Medikament muss viel getrunken werden!

Doch die Brennnessel kann noch viel mehr: Caffeoylchinasäuren und insbesondere die Kaffeoyläpfelsäure und selten vorkommende ungesättigte Fettsäuren in der Pflanze wirken entzündungshemmend und beeinflussen insbesondere chronisch-entzündliche Prozesse positiv. Deshalb wird die Brennnessel als begleitendes Medikament zur äußerlichen und innerlichen Anwendung bei rheumatischen Beschwerden empfohlen – bis hin zum Schlagen schmerzender Gelenke mit Brennnesselbüscheln oder zum Wälzen in Brennnesseln, wie es hartgesottene Schwarzwaldbauern, häufig krumm vor Gliederschmerzen, schon vor Jahrhunderten praktizierten. Schilcher u.a. empfehlen zur innerlichen Therapie bei Arthritis im „Leitfaden Phytotherapie“ insbesondere Brennnessel-Mus aus gedämpften Blättern, da dieses ganz besonders viel Caffeoyläpfelsäure enthält. Auch bei Arthrose scheinen Wirkstoffe der Brennnessel zu helfen.

Erst in jüngerer Zeit erforscht wurde die Wirksamkeit der Brennnesselwurzel (Urticae radix). Ein ganzer Cocktail aus Wirkstoffen – unter anderem Phytohormone wie Beta-Sitosterol – sorgt dafür, dass die Blasenentleerung bei gutartiger Prostatavergrößerung der Stufen I und II deutlich besser gelingt. Schilcher u.a. empfehlen standardisierte Fertigarzneimittel, am besten kombiniert mit Sägepalmenfrüchten.

 

Aber auch aus der Wildpflanzenküche ist die Brennnessel nicht wegzudenken. Wegen ihres hohen Mineralstoffgehalte – neben Kalium und Kalzium vor allem auch Eisen – ist sie ausgesprochen gesund. Sie ist eine der wenigen Pflanzen, die fast rund ums Jahr in der Küche nutzbar sind. Im Frühjahr bieten die jungen Brennnesseln das erste Grüngemüse und erste Salate, im Sommer sind die Triebspitzen weiterhin dafür nutzbar, und im Herbst lassen sich die Samenkörner ernten, die heute unter dem Stichwort „Superfood“ gerne geröstet über ein Müsli oder einen Salat gestreut werden. Wichtig zu wissen: Das lästige Brennen lässt sich durch Kochen, heißes Überbrühen oder mechanisches Quetschen abstellen. War die Brennnessel in Notzeiten ein beliebtes Arme-Leute-Essen, so hält sie mittlerweile Einzug in die Sterneküche. Und auch für die Schönheit hat die Brennnessel viel zu bieten: Als Spülung macht sie das Haar schön, allerdings nur bei Brünetten. Blonde sollten vorsichtig sein. Bei ihnen droht ein Grünstich.

Jahrtausendealt dürfte auch die Verwendung der zähen Brennnesselstängel für die Herstellung von Seilen und Textilien sein. In einem dänischen Hügelgrab wurde ein Tuch gefunden, das aus dem heutigen Österreich stammt und aus Brennnesselfaser gewebt war. Seile und Fäden aus Nesseln wurden wohl seit der Mittelsteinzeit verwendet. „Ötzi“ hatte die Federn an seinen Pfeilen mit Nesselfasern festgebunden. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts wurden Brennnesseln gezüchtet, die sich besonders für die Textilherstellung eignen. Später verdrängte die Baumwolle den Nesselstoff. Doch noch im Zweiten Weltkrieg wurden Uniformen zum Teil aus Nessel hergestellt. Seit einigen Jahren erlebt die Brennnessel eine Renaissance, als ökologisch sinnvolle Alternative zur Baumwolle. Die schwäbische Textilfirma Mattes und Ammann aus Meßstetten etwa experimentiert damit in größerem Maßstab. Der ökologische Vorteil: Brennnesseln brauchen, im Gegensatz zur Baumwolle, keine künstliche Bewässerung und keine Pflanzenschutzmittel.

Und dann gibt es natürlich noch die Brennnessel in Garten und Landwirtschaft. Als Brühe eingesetzt, ist sie biologisches Stärkungs- und Schädlingsabwehrmittel, als Jauche billiges und wirksames stickstoffhaltiges Düngemittel. Für die Jauche werden Brennnesseln in einen Eimer oder ein Fass gefüllt, mit Wasser übergossen und täglich umgerührt. Die Brennnesseln gären und geben ihre Inhaltsstoffe an das Wasser ab. Nach drei Wochen kann das Kraut auf dem Komposthaufen entsorgt werden. Die Jauche wird eins zu zehn mit Wasser verdünnt als Düngemittel eingesetzt. Das Ergebnis ist so überzeugend, dass es in Frankreich 2005 zum Brennnesselkrieg kam. Die Jauche – und die Information zu ihrer Herstellung – wurden verboten, ehe nicht eine offizielle Marktzulassung, für die aufwendige Studien nötig gewesen wären, vorläge – die Düngemittellobby lässt grüßen. Erst 2011 wurde dieses absurde Verbot aufgehoben. Dabei war es ein Franzose, der dazu beitrug, die guten Wirkungen der Brennnessel überhaupt unter die Leute zu bringen. In Victor Hugos Roman „Die Elenden“ lehrt ein Fremder die notleidende Dorfbevölkerung, was sich mit dem Kraut alles zaubern lässt: „So lange sie jung sind, liefern die Brennnessel-Blätter ein vorzügliches Gemüse; später enthalten sie Fasern und Fäden wie der Hanf und der Flachs. Gehackt geben Brennnesseln ein gutes Fressen für das Geflügel ab; zerrieben für das Hornvieh. Dem Viehfutter beigemengt, bewirkt Brennnessel-Samen, dass die Haut der Tiere einen schönen Glanz bekommt, mit Salz vermischt, erzeugen Brennnessel-Wurzeln eine schöne gelbe Farbe. Außerdem ist es ein gutes Heu, das man zweimal mähen kann. Und was braucht die Brennnessel? Wenig Platz, gar keine Abwartung und Pflege. Nur dass der Same nach und nach, sobald er reif geworden, zur Erde fällt und schwer einzusammeln geht. Aber weiter auch nichts. Wollte man sich bloß ein klein bisschen Mühe geben, so würde man aus den Brennnesseln großen Nutzen ziehen; man vernachlässigt sie aber, und da wird ein Unkraut daraus. Dann rottet man sie aus. Mit vielen Menschen macht man’s freilich nicht besser. Merkt Euch, Freunde! So was wie Unkraut gibt’s nicht, ebenso wie’s auch keine schlechten Menschen gibt. Man versteht bloß nicht mit dem Kraut und den Menschen richtig umzugehen.«

Literatur:

Leitfaden Phytotherapie. H. Schilcher, S. Kammerer, T. Wegener, 4. Auflage München 2010

Dr. Jörg Grünwald/Christof Jänicke: Grüne Apotheke, München 2015

Dr. Nadine Berling-Aumann, Die besten Heilpflanzen bei Blasenentzündung und Reizblase, Kindle-E-Book

Rudi Beiser/Helga Ell-Beiser: Heilpflanzen-Tinkturen. Stuttgart 2017

Schneider/Beiser/Gliem: Wild- und Heilkräuter, Beeren & Pilze finden, Stuttgart 2016

Monika Wurft: Mein Wildkräuterbuch, Stuttgart 2017

Stephanie Faber: Das Rezeptbuch für Naturkosmetik, Wien-München-Zürich 1974

Sepp Holzers Permakultur, Graz-Stuttgart 2008

Leonhard Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543, herausgegeben von Klaus Dobat und Werner Dressendörfer, Köln 2017

Victor Hugo: Die Elenden. Projekt Gutenberg. Übersetzt von G.A. Volchert

Web-Links:

http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/about_us/general/general_content_000264.jsp

https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Zulassung/zulassungsarten/besTherap/amPflanz/mono.html

https://buecher.heilpflanzen-welt.de/BGA-Kommission-E-Monographien/

https://www.koop-phyto.org

https://www.zentrum-der-gesundheit.de

https://www.rumoro.de/garten/articles/der-brennesselkrieg-in-frankreich.html

www.wissenschaft.de

Mit Schleimstoffen gegen Reizhusten

Malve

Jetzt kommt sie wieder, die Erkältungszeit. Und meist beginnt sie mit einem Kratzen im Hals und einem trockenen Reizhusten. Ein Zeichen, dass die Zeit für Schleimstoffdrogen gekommen ist. Malven- und Stockrosenblüten, Eibischwurzel, Königskerzenblüten, Huflattichblätter, Spitzwegerichblätter, Lindenblüten und Isländisch Moos sind die wirksamsten Schleimstoffdrogen. Traditionell werden sie mit kaltem Wasser aufgesetzt, da man lange vermutet hat, dass heißes Wasser die Schleimstoffe zerstört. Man lässt einen Tee aus Schleimstoffdrogen zwei bis drei Stunden ausziehen und erwärmt ihn danach vorsichtig, so dass er sich angenehm trinken lässt, am besten schluckweise über den Tag verteilt. Dabei sollte man das Mazerat immer wieder neu ansetzen, da Schleimstoffdrogen schnell verkeimen. Jüngste Untersuchungen haben gezeigt, dass auch Überbrühungen mit heißem Wasser möglich sind und die Hustentees dennoch ihre Wirkung behalten. Tees gegen Reizhusten dürfen auch gerne mit Honig gesüßt werden, da dieser die Schleimhäute zusätzlich „schmiert“.
Sehr gut gegen Reizhusten hilft auch Spitzwegerichsirup. Für seine Anwendung schichtet man frische Spitzwegerichblätter mit Honig in ein fest verschließbares Gefäß und lässt diesen Sirup an einem kühlen Ort mit gleichbleibender Temperatur einige Monate reifen. Gerne wird der Spitzwegerichhonig tief im Garten vergraben, da in der Erde die Temperaturen Tag und Nacht schön gleichmäßig sind. „Erdkammersirup“ heißt dann dieses köstliche Anti-Husten-Mittel.

Ganz praxisnah

Wieviel Kräuter? Getrocknet oder frisch? Wie oft umrühren, wie lange ausziehen lassen? Das sind die ganz praktischen Fragen, die in der Hexenküche schnell beantwortet sein wollen. Ein wunderbarer Helfer ist dabei der schmale Band „Heilpflanzen-Tinkturen: Wirksame Pflanzenauszüge selbst gemacht“ von Rudi Beiser und Helga Ell-Beiser (19,90 Euro, Ulmerverlag Stuttgart, 2017). Rezepte für 70 Tinkturenmischungen stellen die beiden Autoren, die als Kräutergärtner und Heilpraktikerin tief in der Materie stecken, darin vor. Besonders interessant: Ihre Tinkturen sind deutlich Konzentrierter als üblich, sie gleichen eher Urtinkturen, die so gehaltvoll sind, dass oft wenige Tropfen genügen. Ein zweites Plus: Sie geben in ihren Rezepten sowohl die Mengen für getrocknete als auch für frische Kräuter an – und liefern viele Tipps für eine effektive und schonende Verarbeitung gleich mit. Empfehlenswert.

Ringelblumentinktur

Ringelblumentinktur

Grundlage ist das Standard-Tinkturen-Rezept aus dem sehr praxisorientierten Buch von Helga Ell-Beiser und Rudi Beiser zum Thema.

Zutaten:
Eine gute Handvoll frischer orangefarbener Ringelblumen (sie enthalten besonders viele Carotinoide).
60 prozentiger Alkohol

Die ganzen Ringelblumenblüten samt Röhrenblüten und Kelch (enthält Allantoin) werden auf einem Brett möglichst fein geschnitten und danach im Mörser zerquetscht. Dabei gibt man bereits Alkohol zu, damit die Wirkstoffe sofort gebunden werden. Der Pflanzenbrei kommt in ein lichtdurchlässiges Glas, das an einem warmen, aber nicht sonnigen Ort aufgestellt wird. Falls nötig, noch etwas Alkohol zugeben – die zerquetschten Ringelblumen sollten so eben bedeckt sein.
Mehrmals am Tag den Pflanzenbrei umrühren oder schütteln, damit sich die Wirkstoffe besser lösen. Nach 10 bis 14 Tagen ist die Tinktur fertig zum Abseihen. Man gießt sie zunächst durch ein feines Sieb und presst dabei die Pflanzenmasse gut aus. Danach wird die Tinktur durch einen Tee- oder Kaffeefilter gegossen, um auch die letzten Schwebstoffe zu entfernen. Die Ringelblumentinktur sollte nach dieser Prozedur klar und leicht grünlich sein. Man füllt sie in Braungläser ab und bewahrt sie nun kühl und dunkel auf. Ideal ist es, wenn die Tinktur vor Gebrauch noch einige Wochen reifen kann. Sie ist mindestens zwei Jahre lang haltbar.

Und wozu nutzt man nun die Ringelblumentinktur?

Nun, die Ringelblume gilt als die Pflanze mit den besten wundheilenden Eigenschaften. Am bekanntesten ist die Ringelblumensalbe, die schon meine Oma gerührt hat. Da man die Salbe aber  nicht für offene Wunden verwenden kann – sie würde das Abfließen von Wundsekret verhindern und wäre ein nur allzu guter Nährboden für Mikroorganismen – verwendet man zum Säubern von Wunden am besten Ringelblumentinktur. Ein Teelöffel Tinktur auf 100 ml Wasser eignen sich für Waschungen und auch für Umschläge. Bildet sich später vom Rand der Wunde her neue Haut, kann dieser Heilungsprozess wunderbar mit Ringelblumensalbe unterstützt werden.

 

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